Wir schauen auf unsere Wälder

„Wir schauen auf unsere Wälder"

Das Projekt „Wir schauen auf unsere Wälder'" ist mir sehr wichtig. Meine Familie lebte von der Streuobstwiese mit ihren Bäumen, welche hingebungsvoll gezüchtet, über Jahrzehnte verglichen und dann von Generationen geliebt und kulinarisch verwendet wurden. Meine Großmutter entstammte einem Bauernhof des Haimburgerberges in Kärnten, wo Waldwirtschaft bis heute noch die Lebensgrundlage ist und brachte als Mitgift Holz zum Drionhof, wo meine Großmutter einheiratete.

2016 übernahm ich den Hof und daraus wurde der Auszeithof Drion. Lange lag das Bauernhaus im Dornröschenschlaf, ein wenig vergessen und doch mit jenem Hauch Patina versehen, den Naturliebhaber so schätzen. Schon als Kind entdeckte ich, dass dieser Hof ein idealer Ort für Ruhe, gute Gespräche, für Kunst und Naturerleben ist. Die Streuobstwiesen, der vielschichtige und strukturierte Wald sind so aufgebaut, das ein artenreiches und vielfältiges Leben in ihm zu finden ist.

Für Tiere und Pflanzen ist der Wald eine Etagenwohnung, deren Stockwerke unterschiedliche Lebensräume darstellen. Für den Menschen ist Wald viel mehr als eine Rohstoffquelle oder ein grünes Fitnessstudio, Wald kann auch ein spiritueller Sehnsuchtsort sein oder ein Bildungsort. Wald beschützt uns, Wald versorgt uns und einst schenkte er uns sogar eine nationale Identität. Mein vor einem Jahr verstorbener Onkel Johann Puschl-Schliefnig liebte seinen Wald und schon in frühen Kinderjahren hat er mich an seiner Leidenschaft für Wald und Holz teilhaben lassen. Nicht nur nahm er mich mit zu den Waldarbeiten, sondern er nahm, sich auch Zeit, gemeinsam mit mir an langen Winterabenden zu malen und Vogelhäuser zu basteln. Auf diese Weise ist Wald für mich ganz persönlich zu einem Erinnerungsstück geworden, zu einem wichtigen Bestandteil meiner Vergangenheit, der mein Leben und meine Einstellung zur Natur entscheidend prägt.

Im Sommer 2023 entwurzelte durch ein heftiges Unwetter ein Teil unseres Waldes und in diesem Moment wusste ich das ich mit meinem Wald in eine neue Zukunft gehe. Totes Holz als Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten und Pilze. Abgestorbene Bäume sind vor allen für die Spechte, die viele forstwirtschaftlich schädliche Insekten vertilgen, von großer Bedeutung. Die durch die Tätigkeit der Spechte entstandenen Höhlen sind attraktive Nistplätze für Meisen, Kleiber, Hohltauben, Wiedehopf, Eulen und andere Vögel. Morsches liegendes Totholz bietet Blindschleichen sowie Molchen und anderen Amphibien Versteck- und Überwinterungsplätze. Der Feuersalamander verkriecht sich gerne im Totholz. Die darin lebenden wirbellosen Organismen, wie Asseln, Schnecken und Würmer sind eine beliebte Beute. Bei einer richtigen Verteilung des Totholzes ist eine mosaikartige Verteilung wesentlich vorteilhafter. Dabei ist es für Arten mit geringer Mobilität, z. B. viele Totholzkäfer, auch von Bedeutung, dass die jeweiligen Totholzstrukturen nicht allzu weit von einander entfernt sind.

Hingegen können Artengruppen mit guter Fernausbreitung, wie Pilze und Vögel neue isolierte Lebensräume besiedeln.

Liebe Waldbewirtschafter, dieses Mosaik unterschiedlichster Habitate auf engstem Raum ist für das Vorkommen einer ganzen Reihe von oftmals bedrohten Tierarten Voraussetzung. So brüten Steinkauz, Zwergohreule und Wiedehopf überwiegend in Höhlen alter Obstbäume und in Kopfweiden, während sie die Nahrung in den benachbarten Wiesen suchen. Viele Wildbienen nisten in Käferlöchern im Totholz besonnt stehender Bäume. Zur Nahrungssuche nutzen sie das Blütenangebot der umliegenden Wiesen.

So verjüngt sich der Wald. Es sterben seine Individuen, sein Leben ist ewig. Mehr noch als sein Holz und die Atemluft, die uns kühlt und säubert, das Wasser, was der Wald uns filtert und bewahrt, die Stille, die er schafft, und den Boden, den er festhält.

Den ohne den Schutz, den der Wald bietet, das Trinkwasser, das er aufbereitet oder das Holz, das er liefert, sähe die Menschheit ziemlich alt aus.

Sylvia Puschl-Schliefnig

by Auszeithof Drion